Dieses Märchen ist alt, wird dennoch situationsbedingt häufig erzählt – so wie heute. Vor gut zwei erschien dazu eine Schengen-Studie von Bertelsmann, die der Autor Dr. Viktor Heese, in seinem Buch von 2016 „Was kosten Deutschland die Migranten“ https://www.amazon.de/Was-kosten-Deutschland-die-Migranten/dp/3741842850/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1529924238&sr=1-1&keywords=viktor+heese bewertet hatte und unten in Auszügen wiedergibt. Die alten Contra-Argumente sind geblieben. Da die heutigen Zahlen jedoch niedriger als die 2016 sind, gilt umso mehr: Eine Grenzschließung ist für Deutschland billiger als die Migrationskosten, auch wenn damit unklar bleibt, wie das Land aus der „Flüchtlingskostenfalle“ herauskommt.
Zusammenfassung
Eine Studie der Prognos/Bertelsmann vom 22.02.2016 beziffert die Verluste bei Schließung der Schengen-Grenzen allein für Deutschland bis 2025 auf bis 235 Mrd. €, für die EU auf 470 Mrd. €. (www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2016/februar/ende-von-schengen-koennte-europa-erhebliche-wachstumsverluste-bescheren/). Auch die subventionierte DIHK-Expertisen und von einigen EU- Denkfabriken (Österreichische Gesellschaft für Europapolitik, France Strategie, EU-Kommission, das dänische Institut Cepos, Think Tank Bruegel) gehen von ähnlich Belastungen aus. Die Methodik bleibt immer die gleiche: Ein Euro Grenzkosten führt zum Wachstumsrückgang von mehreren Euros. So einfach ist das 1 x 1 der Volkswirtschaft nach Prognos! Trotz aller Vorsicht sind sie „Experten“ in ihrem Andienungseifer kräftig über das Ziel hinausgeschossen. Nach anfänglichen medialen Horrormeldungen ist es schnell still um die Analyse und das Thema geworden. Es ist möglich, dass die Intransparenz der Zahlen Fachleuten aufgefallen ist. Selbst Gabriels Wirtschaftsministerium meldet, Grenzschließungskosten seien “durchaus überschaubar”. Das IfO-Institut München folgte mit beruhigender Gegenexpertise.
Wie werden aus 9 Mrd. Euro plötzlich 235 Mrd. Euro?
Die Folgekosten der Grenzkontrollen induzieren laut Prognos in einem optimistischen Szenario einen jährlichen Wachstumsrückgang von 0,03%, also von 0,3% für die Periode 2016 – 2025. Auf der Basis des deutschen BIP von 3.025 Mrd. € (2015) errechnet sich eine BIP-Reduzierung von etwa 9 Mrd. €. Das sind in Makrodimensionen Peanuts. Warum also diese Aufregung? Spannend ist es, weil aus den nachvollziehbaren 9 Mrd. € plötzlich 77 Mrd. Euro (optimistisches Szenario) oder 235 Mrd. € (pessimistisches Szenario) werden.
Prognos erklärt diesen Sprung mit komplizierten “ökonomischen Wirkungsketten” und versteckt sich hinter seinem volkswirtschaftlichen Modell VIEW. Nichts darf isoliert gesehen werden. Schließlich haben die, – wegen der Kontrollen gestiegenen, – Importpreise negative Folgewirkungen auf das allgemeine Preisniveau, die Löhne und Realeinkommen, den privaten Konsum, die Lohnstückkosten und letztendlich auf den so wichtigen Außenhandel. Zu guter Letzt sollen selbst das ferne China und die USA von den Grenzturbulenzen im fernen Europa betroffen werden. Alles in allem ein ganz großer Wurf, in so wenigen Sätzen dargestellt, sozusagen das 1 x 1 der Volkswirtschaft für Dummies.
Ein Modell das lächerliche Ergebnisse liefert
Mit dieser Methodik schien Prognos auf breiter Flur allein zu stehen. Auf Anfrage konnte das Institut keinen deutschen Mitbewerber nennen, der einen ähnlichen “Research – Ansatz” verwendet. Wäre dieser Ansatz nur zum Teil realistisch, müsste es schlecht mit der Weltwirtschaft bestellt sein. Kaum auszumalen, welches Wachstumsloch nach dieser Logik eine echt spürbare Steigerung der Importpreise, z.B. durch die Verdoppelung der heute niedrigen Erdölpreise, reißen würde. Der interessierte Leser darf weiter fragen, warum in Zeiten einer drohenden Deflation eine moderate (Import-) Preiserhöhung überhaupt ein Fluch und nicht ein Segen für die Volkswirtschaft darstelle? EZ-Chef Mario Draghi versucht vergeblich schon seit Jahren, mit einer Mini-Inflation Wachstum zu generieren.
Auch verstand niemand so richtig, warum von den Grenzkontrollen alle Länder betroffen wären, wo es bei Schengen nur um die EU-Außengrenzen auf dem Balkan ging. Heute könnte der Brenner in Frage kommen. Auffallend sind in dem 20seitigen Papier, das zur Hälfte aus “Füllseiten” besteht, die zum Teil aus den 90er Jahren stammenden Literaturhinweise. Seriöse Wissenschaftliche Studien zu Kostenauswirkungen der Grenzkontrollen, – die ohnehin wegen der Vermischung mit der Zollkomponente immer zu hoch ausgewiesen sind, – scheinen offensichtlich Mangelware zu sein.
Im Kontext vorgenannter Rechenkünste erscheint es legitim, nach der Seriosität der Bertelsmann-Analysemethodik zu fragen. Schließlich überrascht die Stiftung nicht zum ersten Mal die Öffentlichkeit mit auffallend “regierungsnahen Aussagen” ihrer Forschungsergebnisse. Wohl gerade deswegen wird die Stiftung auffallend häufig als der zuverlässige Argumentationslieferant bei allen Talkshows zitiert. Sie sollten als Fernsehzuschauer darauf achten.
Gegenrechnung für Dumme: Migrationskosten sind immer höher als “Nicht- Schengen”
Selbst wenn die Zahlen stimmen sollten, wäre eine komplette Grenzschließung für Deutschland immer noch “billiger” als die Asylkosten. Diese liegen, was gezeigt wurde, je nach Institut und Szenario in den meisten Schätzungen zwischen 30 Mrd. € und 50 Mrd. € jährlich. Diese Kosten waren den Autoren bekannt, das Fazit blieb aus. So arbeiten eben abhängige und Karriere süchtige Pseudo-Ökonomen. Im Umkehrschluss würde eine Grenzschließung für Deutschland eine “Kostenersparnis” von 223 Mrd. € (optimistisches Szenario) impliziert, da den 7,72 Mrd. € jährlicher „Grenzkosten“ 30 Mrd. € „Migrationskosten“ gegenüberstehen.
Dr. Viktor Heese– Finanzanalyst und Fachbuchautor www.prawda24.com, www.finanzer.eu